„Roche & Böhmermann“ – die Macht der Pressemitteilung.

Roche & BöhmermannDas Aus der ZDFkultur-Talkshow „Roche & Böhmermann“ ist ein spannendes Beispiel für die Verbreitung von Nachrichten im Social-Network-Zeitalter. Denn: Die Pressemitteilung des ZDF, die das Aus offiziell verkündete, war erfolgreicher bei Facebook & Co. als fast alle journalistischen Artikel im Anschluss. Um 15.36 Uhr verkündete das ZDF am Montag den Schluss der Talkshow, die offenbar vor allem in den sozialen Netzwerken viele Fans hat(te). Denn: Die Pressemitteilung, verbreitet auf dem na-presseportal, erreichte dort über 1.800 Flies und kam damit auf Platz 5 der Tages-Charts. Obwohl die Branchen-Fachmedien und auch große Mainstream-Nachrichten-Websites nicht lang brauchten, um eigene Artikel zum Aus zu produzieren und online zu stellen, kamen sie nicht an diese Zahlen heran. Hier die Platzierungen in der Top 500 der aktuellen Charts:

005. na-presseportal (1.835 Flies)
009. Spiegel Online (1.528)
020. kress.de (878)
074. Bild.de (364)
206. Quotenmeter.de (154)
254. Die Welt (131)
278. Süddeutsche.de (121)
440. stern.de (75)
483. Digital fernsehen (68)

Eine Ausnahme gibt es allerdings: Der Artikel auf DWDL.de war noch einmal deutlich erfolgreicher als die Pressemitteilung im na-presseportal. Der mögliche Grund: DWDL.de hatte als einziges Medium schon kurz nach der Veröffentlichung des Talkshow-Aus Details zu bieten: Es gäbe Zoff hinter den Kulissen, zwischen der Moderatorin auf der einen Seite und dem Moderator und den Produzenten auf der anderen Seite. Mit 2.406 Flies sprang der DWDL-Artikel an der Pressemitteilung vorbei auf Platz 2 der Tages-Charts.

Insgesamt zeigt sich aber, wie schnell eine Pressemitteilung mittlerweile – vorbei an den Journalisten, die in den Pre-Internet-Zeiten die Deutungs-Hoheit hatten – verbreitet werden kann. Die Journalisten stehen viel mehr als früher vor der Herausforderung, die reine Nachricht mit Hintergrundinformationen aufzupeppen. Gelingt das (siehe DWDL), hat man Erfolg, gelingt das nicht (siehe alle anderen), reicht vielen Nutzern die Pressemitteilung.

6 Kommentare

  • Max

    29. Januar 2013

    Mich würde interessieren ob die Verbreitung der Pressemitteilung nur solange stark war als die anderen Medien noch nicht darüber berichtet haben oder ob die Originalquelle auch später noch signifikant weiter verteilt wurde.

    Verlinkungen auf die Pressemitteilung gab es nur bei der SZ .. der DWDL-Artikel wurde immerhin vom Spiegel, der Welt und wieder der SZ verlinkt.

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  • Jens Schröder

    29. Januar 2013

    Minutengenau kann ich Ihnen die zeitlichen Abläufe leider nicht schildern. Ich nehme an, dass die Pressemitteilung tatsächlich vor dem Erscheinen der journalistischen Artikel besonders stark verteilt wurde. Allerdings kommen auch immer noch weitere Likes, Tweets, etc. hinzu. Seit unserer Daten-Ermittliung in der Nacht ist der Wert von 1.835 auf inzwischen 1.940 gestiegen.

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  • Nicolas

    1. Februar 2013

    Der Nachrichtenwert war nun auch verhältnismäßig enorm. Wir haben hier Prominenz, Emotion, Nähe und Überraschung. Wenn das nicht rockt? 😉
    Aber wichtiger Punkt: Journalisten haben nur eine Berechtigung, wenn sie Nachrichten durch gute recherchierte Informationen belegen. Oder vertiefen.

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  • Jens Petersen

    4. Februar 2013

    Wenn jetzt nochmal jemand rausposaunt „Die Pressemitteilung ist tot“, dann werde ich das Beispiel Roche & Böhmermann aus dem Hut zaubern. Die Pressemitteilung ist keineswegs sanft entschlafen, sie ändert nur ihre Wirkungsweise … und das (natürlich abhängig von Inhalt, Quelle und Verbreitungszeit) auf sehr beeindruckende Weise. Ob diese Form der Unternehmensinformation aber noch langfristig „Pressemitteilung“ genannt werden wird, steht auf einem anderen Blatt. Ich persönlich denke jedenfalls, dass sich die Bezeichnung „Pressemitteilung“ noch lange halten wird, auch wenn der Anteil anderer Zielgruppen (Social Media, Consumer, Branchen-Insider, Wettbewerber, …) kontinuierlich steigt.

    Disclaimer: Ich arbeite als Leiter Unternehmenskommunikation für newsaktuell.de, dem Anbieter des im Blogbeitrag genannten presseportal.de …

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